1851 zogen 21 weiße Siedler aus dem Mittelwesten an den Pugent Sound. Sie baten den Duwamish-Häuptling Seattle um Erlaubnis, sich in seinem Land niederzulassen. Er gab seine Zustimmung. Aus Dank wurde die Siedlung nach ihm genannt: Seattle.

Drei Jahre lang wohnten Indianer und Weiße friedlich nebeneinander. Dann forderte Franklin Pierce, 14. Präsident der Vereinigten Staaten, die Duwamish-Indianer auf, ihre Heimat zu verkaufen und zu räumen. Amerika brauchte Platz für seine weißen Siedler.

Der Präsident bot den Indianern als Reservat eine Insel im Pugent Sound an. Bevor Seattle seine endgültige Entscheidung traf, wandte er sich in einer Rede noch einmal an den “Großen Häuptling in Washington”, Präsident Pierce. Dann zog er mit seinen 1.200 Stammesangehörigen ins Insel-Reservat.

Zwölf Jahre danach, 1866, starb der greise Häuptling Seattle im Alter von 76 Jahren. Auch von seinem Stamm lebt heute keiner mehr. Wo einst die Fisch- und Jagdgründe der Duwamish waren, wuchs Seattle empor: Mit 550.000 Einwohnern, den Boeing-Werken und dem Raumfahrt-Denkmal Space-Needle, mit der 186 Meter hohen First National City Bank und achtspurigen Highways.

Die weisen Worte des Häuptlings Seattle aber, die er damals in den Wind gesprochen hatte, sind heute schicksalsträchtiger denn je.

“Meine Worte sind wie die Sterne:
Sie gehen nie unter”

Die Rede des Indianer-Häuptlings Seattle

Der große Häuptling in Washington sendet Nachricht, daß er unser Land zu kaufen wünscht. Der große Häuptling sendet uns auch Worte der Freundschaft und des guten Willens. Das ist freundlich von ihm, denn wir wissen, er bedarf unserer Freunschaft nicht. Denn sein Volk ist zahlreich, wie das Gras, das die weite Prärie bedeckt. Mein Volk aber gleicht den vereinzelten Bäumen auf der Ebene, über die der Sturm tobt.

Wir werden das Angebot bedenken und unsere Entscheidung treffen. Was Häuptling Seattle sagt, darauf kann sich der große Häuptling in Washington verlassen, so sicher, wie sich unser weißer Bruder auf die Wiederkehr der Jahrerzeiten verlassen kann. Meine Worte sind wie die Sterne: Sie gehen nie unter.

Aber wie kann man den Himmel kaufen oder verkaufen – oder die Wärme der Erde? Diese Vorstellung ist uns fremd. Wenn wir die Frische der Luft und das Glitzern des Wasser nicht besitzen – wie könnt Ihr sie von uns kaufen?

Jeder Teil dieser Erde ist meinem Volk heilig, jede glitzernde Tannennadel, jeder sandige Strand, jeder Nebel in den dunklen Wäldern. Wir sind ein Teil der Erde, und sie ist ein Teil von uns. Die duftenden Blumen sind unsere Schwestern, die Rehe, das Pferd, der große Adler – sie sind unsere Brüder.

Wir wissen, daß der weiße Mann unsere Art nicht versteht. Ein Teil des Landes ist ihm gleich jedem anderen, denn er ist ein Fremder, der kommt in der Nacht und nimmt von der Erde, was immer er braucht. Die Erde ist sein Bruder nicht, sondern Feind, und wenn er sie erobert hat, schreitet er weiter. Er läßt die Gräber seiner Väter zurück und kümmert sich nicht. Er stiehlt die Erde von seinen Kindern und kümmert sich nicht. Er behandelt seine Mutter, die Erde, und seinen Bruder, den Himmel, wie Dinge zum Kaufen und Plündern, zum Verkaufen wie Schafe oder Perlen. Sein Hunger wird die Erde verschlingen und nichts zurücklassen als die Wüste.

Das Ansinnen, unser Land zu kaufen, werden wir bedenken, und wenn wir uns entschließen, anzunehmen, dann nur unter einer Bedingung: Der weiße Mann muß die Tiere des Landes behandeln wie seine Brüder.

Was ist der Mensch ohne die Tiere? Wären alle Tiere fort, so stürbe der Mensch in großer Einsamkeit des Geistes. Was immer den Tieren geschieht – geschieht auch bald den Menschen. Könnt Ihr die Büffel zurückkaufen, wenn der letzte getötet ist?

Lehrt Eure Kinder, was wir unsere Kinder lehrten: Die Erde ist unsere Mutter. Was die Erde befällt, befällt auch die Söhne der Erde. Wenn Menschen auf die Erde spucken, bespucken sie sich selbst. Denn das wissen wir: Die Erde gehört nicht den Menschen, der Mensch gehört zur Erde. Alles ist miteinander verbunden, wie das Blut, das eine Familie eint. Die Erde zu verletzen heißt, ihren Schöpfer zu verachten.

Wenn die Büffel alle geschlachtet sind, die wilden Pferde gezähmt, die heimlichen Winkel des Waldes schwer vom Geruch vieler Menschen und der Anblick reifer Hügel geschändet von von redenden Drähten – wo ist das Dickicht? Fort! Wo ist der Adler? Fort!

Und was bedeutet es Lebewohl zu sagen dem schnellen Pony und der Jagd? Das Ende des Lebens – und der Beginn des Überlebens.

Wir werden Euer Angebot bedenken. Wenn wir zustimmen, so nur, um das Reservat zu sichern, das Ihr versprochen habt. Dort vielleicht können wir unsere kurzen Tage auf unsere Weise verbringen. Denn vor allem schätzen wir das Recht eines jeden Menschen, so zu leben, wie er es selber wünscht – gleich wie verschieden von seinen Brüdern er ist.

Wenn der letzte rote Mann von dieser Erde gewichen ist, und sein Gedächnis nur noch der Schatten einer Wolke über der Prärie, wird immer noch der Geist meiner Väter in diesen Ufern und diesen Wäldern lebendig sein. Denn sie liebten diese Erde wie das Neugeborene den Herzschlag seiner Mutter.

Wenn wir Euch unser Land verkaufen, liebt es, so wie wir es liebten, kümmert Euch, so wie wir uns kümmerten, behaltet die Erinnerung an das Land so, wie es ist, wenn Ihr es nehmt. Und mit all Eurer Stärke, Eurem Geist, Eurem Herzen erhaltet es für Eure Kinder und liebt es – so wie Gott uns alle liebt.

Denn eines wissen wir: Unser Gott ist derselbe Gott. Diese Erde ist ihm heilig. Selbst der weiße Mann kann dieser gemeinsamen Bestimmung nicht entgehen. Vielleicht sind wir ja doch alle – Brüder. Wir werden sehen.

One thought on “Indianerhäuptling Seattle”

  1. der große Häuptling Seattle spricht mir aus der Seele. der Weiße Mann macht Alles kaputt, was man am Beispiel der Raffgier der RWE sehen kann, wodurch wieder ein uralter Wald weniger auf Erden sein wird; der schöne Hambacher Forst! Wie kann man den armen Tieren und Pflanzen, die wir doch wie Schwestern und Brüder behandeln sollen, den letzten Lebensraum nehmen? Häuptling Seattle würde sich im Grabe umdrehen und zwar mehrfach. Diese Geschichten und vor Allem die Rede des Häuptlings sollte sich die katholische Geistlichkeit mal genau durchlesen. Im Grunde weist uns Häuptling Seatle auf Worte Christi hin! da sage noch Einer, nur die Christen glauben an Gott. Die belehre ich eines Besseren. Die Indianer sind für mich genauso wenig Heiden, wie die Buddhisten und Hindus. Jeder hat nur eine andere Art, zu glauben, weil das auch immer mit den Landeskulturen zu tun hat. Nur wer sein eigenes Volk und andere Völker unterdrückt und schändet, der dient nicht Gott, sondern dem Satan!

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