Die kleine Mücke Traurigkeit flog durch die Welt. Immer wenn sie jemanden stach, wurde derjenige von unerklärlicher Traurigkeit ergriffen. Niemand verstand dann, was mit dem Betreffenden los war, denn es passierte von einem Augenblick zum nächsten. Er selbst verstand es meist auch nicht. In einem Moment war er noch ganz fröhlich und dann überfiel ihn eine mächtige Traurigkeit.
Die kleine Mücke Traurigkeit merkte, dass die Menschen um sie herum immer trauriger wurden. Sie störte das nicht weiter, denn sie hielt Traurigkeit für ganz normal. Nie hörte man von ihr ein Lachen, nie flog sie lustige Kapriolen in der Luft. Die anderen Mücken mieden sie, denn sie war so traurig, dass sich die anderen von ihr nicht anstecken lassen wollten. So war die kleine Mücke Traurigkeit ganz alleine mit ihrer Traurigkeit.
Eines schönen Sommerabends traf sie eine Grille, die ein wunderschönes Grillen-Konzert veranstaltete.
“Was für eine schöne Musik.” sagte die Mücke traurig.
“Nicht wahr”, freute sich die Grille, “Musik macht ein fröhliches Gemüt und ein glückliches Herz.”
“Was ist das?” fragte die kleine Mücke.
“Was ist was?” die Grille verstand sie nicht.
“Na, was ist ein fröhliches Gemüt und ein glückliches Herz?” wollte die kleine Mücke wissen.
“Wer bist denn du, dass du das nicht weißt?” fragte die Grille erstaunt.
“Ich bin die kleine Mücke Traurigkeit.” stellte sich die kleine Mücke vor.
“Na, dann ist ja alles klar”, seufzte die Grille, “du armes kleines Wesen.”„
“Kann ich lernen, was ein fröhliches Gemüt und ein glückliches Herz ist?” fragte die kleine Mücke.
“Hör mir einfach nur zu” antwortete die Grille.
Und die Grille begann das schönste Grillen–Konzert ihres Lebens. Sie spielte leicht und fröhlich, wehmütig und liebevoll. Sie spielte alle Melodien die sie kannte und noch einige mehr. Mal klang ihre Musik hell und klar, mal klang sie übermütig und ausgelassen. Doch immer klang die Fröhlichkeit darin mit. Die Grille spielte so schön, wie noch nie in ihrem Leben. Die kleine Mücke Traurigkeit lauschte ganz hingerissen. Aber nicht nur sie, sondern alle, die die Musik der Grille hörten, hielten inne und begannen zu lauschen. Die schönen Klänge gruben sich tief in alle Herzen. Die kleine Mücke Traurigkeit vergaß ihre Traurigkeit, während sie der Musik atemlos lauschte. Und mit einem Mal passierte etwas ganz besonderes mit der kleinen Mücke. Weil sie ihre Traurigkeit nicht mehr spürte, wurde in ihrem Herzen Platz für viele andere Gefühle. Mit der Musik erlebte sie Freude und Lachen, und spürte Übermut und Fröhlichkeit, von der sie gar nicht wusste, dass es sie gab.
Als die Grille geendet hatte, dankte ihr die kleine Mücke ganz bewegt und voller Freude.
“Ich wusste gar nicht, dass es so etwas gibt. Nie habe ich mir vorstellen können, dass es so viele Gefühle gibt” staunte die kleine Mücke glücklich. “Das werde ich nie vergessen. Du hast mir ein wunderschönes Geschenk gemacht.”
“Damit hast du mir auch ein schönes Geschenk gemacht.” gab die Grille zurück. “Wenn jemandem meine Musik gefällt, ist das das allerschönste für mich.”
Die kleine Mücke verabschiedete sich von der Grille. Und sie machte sich auf die Suche nach einem neuen Namen.
Von Sigrid Hauer-Ort
Was für eine wunderschöne Geschichte. Ich habe heute etwas Ähnliches erlebt. Ich habe mich heute sehr mutlos gefühlt und bin auf den Song von Freya und Bernd “Dann Pfeif Drauf” und auf den Song von Rolf Zukowsky “Mach was du am besten kannst” gestoßen und hörte mir die Lieder auf Youtube an; und da ging es mir etwas besser. nur sollte man die Traurigkeit auch nicht bargatellisieren man sollte sie nie zur Mücke machen, wenn sie beispielsweise die Größe einer Maus hat. viel mehr finde ich es wichtig, sich selbst mal zu fragen, was einen traurig macht. vielleicht macht es einen traurig, dass z.B. jemand nun doch nicht kommt, den man lange nicht gesehen hat, oder einen Anderen macht es traurig, dass sein Buch nicht veröffentlicht worden ist. da muss man lösungsorientiert arbeiten. vielleicht macht der Eine mit dem ersehnten Besuch einen anderen Termin aus und der Andere sucht nach einem anderen Verlag.